Förderung - Kultusministerium erhöht Sofortausstattungsprogramm für digitales Lernen auf 130 Millionen Euro / Gauß-Direktorin Anja Kaiser berichtet von Eigeninitiative

Bislang stemmen Schulen Onlineunterricht allein

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Funktioniert im Gauß-Gymnasium noch nicht: Für Unterricht per Videokonferenz aus dem Klassenzimmer wie auf diesem Symbol-bild, auf dem ein Lehrer seine Schüler instruiert, die auf Fotos zu sehen sind, fehlt das Wlan. © dpa

Region. Pressemitteilungen wie jene, die am Mittwochmorgen aus dem Kultusministerium kam, würden die Schulleiter im Land gerne öfter lesen. Den Schulträgern in Baden-Württemberg stehen aus dem Sofortausstattungsprogramm für digitales Lernen des Bundes 65 Millionen Euro zur Verfügung, um Schulen mit Laptops und Tablets auszustatten – das war bereits bekannt. Nun meldet das Land, es verdopple dieses Programm mit eigenen Mitteln auf rund 130 Millionen Euro. Mit den Geldern können Schulträger, also überwiegend Kommunen und Kreise, mobile Endgeräte anschaffen, die den Schülern leihweise zur Verfügung gestellt werden sollen.

„Wir brauchen das Geld dringend“, macht Anja Kaiser, Direktorin des Carl-Friedrich-Gauß-Gymnasiums, deutlich und bezieht das „Wir“ ausdrücklich auf alle Schulen der Stadt. „Wir mussten uns bisher selbst organisieren. Die Schulen sind digital nicht gut ausgestattet.“ So gebe es am Gauß keinen einzigen Dienstlaptop, obwohl die Lehrkräfte darauf einen Anspruch hätten, erklärt Kaiser. Dass der Onlineunterricht trotzdem gut laufe, sei das Verdienst des Kollegiums, das alles in Eigeninitiative geschultert habe.

Laptops in Eigenregie besorgt

Kultusministerin Dr. Susanne Eisenmann teilt in der Meldung mit: „Unser Ziel ist es, mit dem Sofortausstattungsprogramm den Schülerinnen und Schülern, die weder Laptop noch Tablet haben, ein mobiles Endgerät zur Verfügung zu stellen. Damit wollen wir auch soziale Ungleichheiten abmildern.“ Am Gauß-Gymnasium haben hier ebenfalls Schulleitung und Lehrer bereits für Abhilfe gesorgt. „Wir haben über das Landesmedienzentrum Geräte ausgeliehen und an die Schüler weitergegeben und wir haben selbst Laptops finanziert – teilweise auch Kollegen mit Beziehungen zu Unternehmen.“

Das sei wichtig gewesen zur punktuellen Schließung von Ausstattungslücken bei Schülern, die überwiegend über Geräte verfügen. Es sei aber festzustellen, dass in Familien mit mehreren schulpflichtigen Kindern oft nur ein Laptop vorhanden sei. Auf diese Situation hätten sich die Lehrer eingestellt und ihren Unterricht so organisiert, dass sich die Kinder abwechseln konnten. Das erfordere natürlich einen Mehraufwand bei der Planung.

Was die Familien zur Sicherung des Videounterrichts finanziell belaste, seien die Kosten für Drucker, da die Schüler ordnerweise Blätter ausdrucken mussten. „Das kam als Rückmeldung, nicht als Vorwurf“, betont Anja Kaiser.

Die Gauß-Direktorin konnte sich auch bei der Schaffung der Voraussetzungen für die Videokonferenzen auf ihr Team verlassen. So wurde durch das Programm „Alfaview“ eine Möglichkeit eingerichtet, die stabiler laufe als das vom Land angebotene System „BigBlueButton“ und für die Schüler einfach zu handhaben sei sowie die Datenschutzrichtlinien erfülle.

Investieren muss das Gauß in die Schaffung eines drahtlosen Netzwerks (Wlan) im Schulgebäude, da die kabelgestützte Verbindung zu langsam ist. Das kostet eine fünfstellige Summe, doch „wir wissen nicht, wie es weitergeht, und wir brauchen die Möglichkeit, dass die Kollegen die Videokonferenzen in den Klassenzimmern abhalten können.“

Derzeit müssten Lehrer nach ihrem Präsenzunterricht an der Schule nach Hause eilen, um dort mit ihrem privaten Wlan über „Alfaview“ online zu lehren. Zusatzausstattung wie Kopfhörer oder einen zweiten Bildschirm, um Einspielungen machen zu können, hätten sie aus eigener Tasche bezahlt, weil die Schule dafür bislang keinen Etat hat. Was vom Sofortausstattungsprogramm in den Hockenheimer Schulen ankommen wird, sei derzeit noch nicht bekannt.

Auf Anträge wird verzichtet

Laut Ministerin Eisenmann können die Schulen mit den Geldern Ausstattung anschaffen, die für das Erstellen von professionellen Online-Lehrangeboten erforderlich ist – zum Beispiel der Erwerb von Software. Ebenfalls möglich sei es, schulgebundene Laptops oder Tablets für Lehrkräfte zu beschaffen und diese an Lehrer zu verleihen, die nicht im Präsenzunterricht eingesetzt werden können und kein mobiles Endgerät für den Fernunterricht zur Verfügung haben.

Mittel gibt es entsprechend der Schülerzahlen, wobei Grundschulen und weiterführenden Schulen gleich gewichtet werden. Auf ein Antragsverfahren verzichte das Land ebenso wie auf die Weitergabe der Auflage des Bundes an die Schulträger, mit einer zehnprozentigen Kofinanzierung einen eigenen Beitrag leisten zu müssen. Susanne Eisenmann sagt: „Wir wollen, dass mit den Mitteln möglichst rasch Laptops und Tablets beschafft und diese den Schülern auch so schnell wie möglich zur Verfügung gestellt werden.“ Das hört nicht nur Anja Kaiser gerne. mm

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