Stuttgart.
Nach mehreren Straftaten minderjähriger Flüchtlinge in Mannheim sieht die Landesregierung keinen Grund für eine allgemein härtere Gangart gegen junge Zuwanderer. Sozialminister Manne Lucha (Grüne) wies am Mittwoch bei einer von der AfD beantragten Landtagsdebatte entsprechende Forderungen zurück. Es gebe bereits ausreichend Möglichkeiten für den Umgang mit minderjährigen Straftätern. "Unser System ist gut angelegt", sagte Lucha. Er warf der AfD eine "erbärmliche" Stimmungsmache gegen Flüchtlinge vor.
Mannheim sei landesweit gesehen ein Einzelfall, was die Straftaten von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMA) angehe. Hintergrund der Debatte war auch ein Brandbrief des Mannheimer Oberbürgermeisters Peter Kurz (SPD), der angesichts zahlreicher Straftaten junger Ausländer ein "Staatsversagen" beklagt hatte. Es gebe im Land 7500 Menschen mit dem Status UMA, sagte Minister Lucha. Nur eine kleine Zahl davon sei in Mannheim auffällig geworden. Polizei, Justiz und Jugendämter hätten die Lage im Griff.
Die AfD hatte eine ärztliche Altersüberprüfung bei allen als minderjährig geführten Asylbewerbern und Flüchtlingen beantragt, die ohne Ausweispapiere oder mit verdächtigen Dokumenten einreisen. Die Ablehnung dieses Antrags im Landtag war mit 109 Nein- von insgesamt 126 abgegebenen Stimmen massiv. "Sie kommen zu spät", sagte Innenminister Thomas Strobl (CDU) zur AfD. Schon jetzt gebe es eine Vielzahl an Möglichkeiten, darunter auch Röntgenaufnahmen, um das Alter von Flüchtlingen festzustellen.
Minister Strobl sprach sich allerdings dafür aus, die Identitätsfeststellung künftig komplett in den Ankunftszentren abzuwickeln. Auch das Alter müsse schon gleich am Anfang zweifelsfrei geklärt werden, sagte er. Grundsätzlich hätten Menschen, die auf der Flucht seien, Anspruch auf Schutz. "Wir werden diese Menschen nicht fallenlassen", sagte Strobl. Zugleich betonte er, dass jene mit Konsequenzen rechnen müssten, die sich nicht an die Gesetze halten. "Wir lassen uns nicht auf der Nase herumtanzen", sagte der Innenminister. Auch Minderjährigkeit rechtfertige keine Straftaten.
Zuvor hatte sich der AfD-Abgeordnete Daniel Rottmann für eine flächendeckende Volljährigkeitsprüfung ausgesprochen. Der nach Antisemitismus-Vorwürfen fraktionslose AfD-Politiker Wolfgang Gedeon forderte unter Beifall seiner früheren Kollegen eine Abschiebung aller minderjährigen Flüchtlinge in ihre Heimatländer. So könne die Familienzusammenführung auch funktionieren, meinte er.
Zwar lehnte auch die FDP den Antrag der AfD ab. Gleichwohl kritisierte deren rechtspolitischer Sprecher Nico Weinmann (FDP) die Lage als unbefriedigend. Weder die AfD noch die grün-schwarze Landesregierung hätten Lösungen parat. Die Bevölkerung verlange zu Recht Schutz vor Kriminellen. Weinmann forderte eine konsequente Strafverfolgung und als letztes Mittel eine "geschlossene Unterbringung" minderjähriger Täter. Dort gebe es "pädagogische Antworten auf Jugendliche mit aggressiv-dissozialen Symptomen".
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