Mehr Schiller!

Ralf-Carl Langhals zu den 20. Schillertagen in Mannheim

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Ralf-Carl Langhals
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Elf Festivaltage mit 25 000 Besuchern (und somit 7000 mehr als 2017 die letzten von Burkhard C. Kosminski, aber 10 000 weniger als 2005 die letzten von Jens-Daniel Herzog) haben gezeigt, dass die Schillertage noch immer Zugkraft haben. Sie sind weltweit das größte Festival um einen einzelnen Dichter und das seit 40 Jahren. Das ist – untermauert mit lokalem historischem Bezug – das ultimative Alleinstellungsmerkmal, nach dem sich Festivalmacher und Gemeinden sehnen.

Eine Öffnung zu über das Sprechtheater hinausgehenden Aufführungen an den Schnittstellen mit anderen Kunstformen ist längst vollzogen. Auch das Partyvolk (teils ohne Vorstellungsbesuch) ist bei Schill-out-Konzerten und Bunkerparty herzlich willkommen – und wird freilich bei den Zuschauerzahlen mitgezählt. Doch was atmosphärisch, bereichernd, aufsehenerregend ist und unter Theaterschaffenden buchstäblich als „state of the art“, also moderner Usus, Kulturfeste zu veranstalten, gilt, stößt an seine Grenzen. Und zwar dort, wo das Wesentliche aus dem Blick zu geraten oder als lästige Pflicht nebenbei abgehandelt zu werden droht. Man muss den 20. und Christian Holtzhauers ersten Schillertagen attestieren: So wenig Schiller war hier nie.

Mit eher blassen oder ärgerlichen Gastspielen, etwa der als vielversprechende und dann heftig gefloppte Katze im Sack gekauften Kölner „Räuber“-Inszenierung, und einer schwachen hauseigenen „Maria Stuart“ zur Eröffnung war das Schiller-Feld dünn besiedelt.

An vielen Stellen fehlt Qualität

Wenn es wenigstens im wesensbestimmenden Programmteil überwiegend Spannendes zu sehen gegeben hätte. Aber neben drei, maximal vier (schillerfreien) Erfolgen lässt eine Video-Episode in der Abendakademie („Guilty Landscapes“), eine geschwätzige wie inhaltsleere „Realfiktion“ zu den „Räubern“ („Moor & more“), ein rein vom Ort lebender, mäßiger Parcours in der Multihalle („Mannheim 2.480“) auch hier Qualität vermissen. Benennen muss man das, sollte es aber nicht überbewerten, schließlich hatte Holtzhauer in seiner ersten Spielzeit weniger Vorbereitungszeit zur Programmgestaltung als üblich. Beim nächsten Mal wird sich da manches einpendeln, damit die Schillertage nicht zum Kunstfest Weimar werden – oder zu reinen „Schill-out“-Tagen.

Redaktion Seit 2006 ist er Kulturredakteur beim Mannheimer Morgen, zuständig für die Bereiche Schauspiel, Tanz und Performance.