Porträt - Studentische Rechtsberatung Pro Bono hilft bei Asylanträgen, Mietrechts- oder Nachbarschaftsstreitigkeiten - kostenlos

Lotse im Paragrafendschungel

Von 
Mirjam Moll
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Wenn es um rechtliche Fragen geht, helfen die Jurastudenten der Universität - und das kostenlos. Vor Gericht dürfen sie ihre Mandaten aber nicht vertreten.

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Der Untermieter zieht einfach früher als vereinbart aus und weigert sich, weiter Miete zu zahlen - und hinterlässt die Wohnung auch noch beschädigt. Daniel Schrader ist zu dieser Zeit für ein Auslandssemester in Budapest - ihm sind die Hände gebunden. Einen Anwalt kann er sich nicht leisten, er braucht aber juristische Unterstützung, will er nicht riskieren, dass sein Vermieter schlussendlich die Kaution einbehält.

Für Menschen wie Schrader haben Studenten der juristischen Fakultät in Heidelberg einen karitativen Verein ins Leben gerufen. Der Name ist dabei Programm: "Pro Bono" heißt die studentische Rechtsberatung - unter Juristen ein Ausdruck für honorarfreie Arbeit. Seit Jahresbeginn bieten Jurastudenten über das Portal ihre Hilfe an. Kostenlos.

Ungewöhnliche Kombination

Die Idee dazu entstand bei einem Bier in einer Kneipe, erzählt Mitbegründer Jan-Willem Prügel. "Wir wollten gerne Praxiserfahrungen sammeln", erklärt der Jurastudent im sechsten Semester. "Die macht man normalerweise im Referendariat, aber wir sind der Meinung, dass das zu spät ist." Zudem wollen die circa 40 Studenten, die derzeit an Pro Bono beteiligt sind, etwas Gutes für die Gesellschaft leisten: "Wir studieren an einer der besten Unis in Deutschland - und das vollkommen umsonst", begründet der 22-Jährige das Engagement: "Wir wollen einfach gerne etwas zurückgeben - und Verantwortung übernehmen", ergänzt Prügel.

Das Konzept des gemeinnützigen Vereins basiert auf zwei Säulen: Zivil- und Asylrecht. Eine ungewöhnliche Kombination, die so in Deutschland bislang einmalig ist. Dass sich die Studenten gerade auf diese Bereiche konzentrieren, hat seine Gründe: Asylsuchende wüssten oftmals nicht, wie sie sich für ihre Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, das über ihr Schicksal entscheiden wird, vorbereiten sollen: "Das ist der wichtigste Teil im Asylprozess", betont Prügel. Für sie haben die Studenten einmal pro Woche eine Sprechstunde beim Asylarbeiterkreis in der Plöck eingerichtet. "Hier gibt es so viele Leute mit Migrationshintergrund, aber auch viele Deutsche, die Hemmungen haben, ihr Recht durchzusetzen." So hätten einige Angst vor hohen Anwalts- oder gar Prozesskosten. "Wir wollen den Menschen diese Hemmungen nehmen", erklärt der Student.

Kontakt aufnehmen können mögliche Klienten über das Onlineportal des Vereins. Schrader schilderte sein Anliegen, Prügel habe umgehend zugesagt, sich des Falls anzunehmen. Grundsätzlich kann sich jeder mit seiner juristischen Frage an den Verein wenden: "Wir prüfen dann, ob der Fall in unser Schema passt", erklärt Prügel. Dann werde ein Treffen mit dem Mandanten vereinbart: "Da, wo er sich wohlfühlt", betont der angehende Jurist. "Schließlich wollen wir eben keine Kanzlei sein, sondern auf die Leute zugehen", ergänzt er. Und damit meint er nicht nur Studenten: "Wir beraten grundsätzlich jeden."

Vor Gericht vertreten dürfen die Jurastudenten ihre Mandanten allerdings nicht. "In solchen Fällen verweisen wir an die Anwaltskammer", erklärt der Student. Auch Fälle, bei denen es um Straf- oder Steuerrecht geht, dürfen die angehenden Juristen nicht annehmen. Auch gibt es eine Grenze, was den Streitwert betrifft: "Wir dürfen keine Fälle annehmen, bei denen es um mehr als 700 Euro geht", so der Student. Bei allen anderen Fällen stehen ihnen 13 Anwälte aus Heidelberg zur Seite: "Sie überwachen unsere Rechtsberatung", sagt Prügel.

In Schraders Fall zog sich die Beratung über mehrere Wochen: "Das ist ja logisch, schließlich sind es Studenten", sagt der Mandant. Wenn diese den Fall annehmen, erarbeiten sie für den Klienten ein Gutachten: "Darin werden die verschiedenen Optionen aufgezeigt, ein Handlungsvorschlag gemacht und die Gründe dazu erläutert", erklärt Prügel. "Ich war überrascht, wie detailliert das Gutachten war", erinnert sich Schrader, dessen Fall noch nicht abgeschlossen ist. Für die angehenden Anwälte zählt dabei vor allem eines: "Dass wir komplizierte Sachverhalte einfach darstellen." Ganz ohne Juristendeutsch.

Pro Bono Heidelberg

  • Jan-Willem Prügel studiert Jura im sechsten Semester in Heidelberg. Der 22-Jährige ist Mitbegründer des Vereins Pro Bono, der kostenlos studentische Rechtsberatung anbietet.
  • Seit Jahresbeginn beraten angehende Juristen Hilfesuchende in Sachen Zivil- und Migrationsrecht.
  • Unterstützt werden die Studenten von einem Beirat erfahrener Anwälte und Juristen, die die Arbeit kommissarisch überwachen.
  • Asylsuchende können immer mittwochs beim Asylarbeitskreis in der Plöck die studentische Beratung zur Vorbereitung auf die Anhörung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Anspruch nehmen.
  • Mandanten melden ihr Anliegen über das Kontaktformular auf der Webseite probono-heidelberg.de an.

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