Bergstraße. "Ich hatte oftmals Angst um ihn, dass er sich das Leben nimmt", berichtete ein Zeuge mit belegter Stimme. Der Studiendirektor im Ruhestand sagte gestern im Prozess vor dem Landgericht Darmstadt gegen eine Lehrerin aus, die ihren Kollegen Horst Arnold vermutlich zu Unrecht mit ihrer "Vergewaltigungs-Lüge" fünf Jahre hinter Gitter gebracht hat (wir haben über den Verhandlungsverlauf ausführlich berichtet).
Ohne Aussicht auf Rehabilitierung
Horst Arnold ist inzwischen eines natürlichen Todes gestorben - einsam, verbittert und ohne Aussicht auf Rehabilitierung durch seinen Arbeitgeber, das Land Hessen. Seine Strafe hat er vollständig abgesessen. Einige Jahre nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis 2006 wurde er in einem Wiederaufnahmeverfahren vom Landgericht Kassel freigesprochen und vollständig rehabilitiert. Wegen schwerer Freiheitsberaubung muss sich deshalb jetzt die Frau vor Gericht verantworten, die ihn wegen eines vermeintlichen sexuellen Übergriffs angezeigt hat.
Ein langer Leidensweg
Bei dem Zeugen handelte es sich um einen guten Freund von Arnold. Er kannte den Wald-Michelbacher von Kindheit an und war später dessen Ausbilder im Studienseminar Bensheim: "Er hat ein vorbildliches Examen gemacht und seine guten Noten auch verdient", so der Pensionär, der immer fest von der Unschuld seines ehemaligen Referendars überzeugt war. Er hat den Verurteilten mehrmals im Gefängnis besucht und hielt bis zu seinem plötzlichen Tod engen Kontakt.
Der Vertraute Arnolds sprach von dessen "langem Leidensweg." Begonnen habe alles, als ihn fünf Polizeibeamte zu Hause abholten. Noch während der der Untersuchungshaft sei er optimistisch gewesen, dass sich alles zu seinen Gunsten aufklären werde. "Voller Hoffnung" sei er 2002 zum Prozess am Landgericht erschienen. "Arnold war zuversichtlich, dass der Rechtsstaat ihm zu seinem Recht verhilft und dass er freigesprochen wird. Stattdessen wurde er wegen Vergewaltigung zu fünf Jahren Haft verurteilt.
Psychiatrie als "reinste Folter"
Während der Zeit in der Justizvollzugsanstalt Eberstadt sei er "am Boden zerstört gewesen. Er war rat- und hilflos". Dies habe ihm im Nachhinein ein Mitgefangener erzählt, sagte der gute Freund vor Gericht. "Wenn ich draußen bin, muss die Öffentlichkeit erfahren, was tatsächlich geschehen ist und welches Unrecht mir zuteil wurde", habe Arnold immer wieder gesagt und sogar geplant, ein Buch über seinen Fall zu schreiben.
Auch im Gefängnis sei er als Sexualstraftäter geoutet, verspottet, verachtet und beleidigt worden. "Er hat das alles mit großer Geduld ertragen", erinnerte sich der Zeuge. Die Zeit in der Forensischen Psychiatrie in Hadamar habe ihm Arnold als die "reinste Folter" geschildert: "Wir haben zusammen eine Stunde gemeinsam geweint."
Nur noch ein "Häufchen Elend"
Wieder in Freiheit sei der ehemals "bildschöne Kerl", der erfolgreiche und beliebte Lehrer, nunmehr ein "Häufchen Elend" gewesen. Von seinen Alkoholproblemen habe er gewusst, so der Zeuge. Er habe ihn aber niemals betrunken oder gar aggressiv erlebt.
Der Prozess vor der 15. Großen Strafkammer wird am 5. August fortgesetzt. Das Landgericht hat derzeit Termine bis Ende August vorgesehen. gs
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