Diplomatie - Außenminister beschließen sofortigen Stopp von Waffenlieferungen und bereiten Wirtschaftssanktionen vor

EU erhöht den Druck auf Ägypten

Von 
Detlef Drewes
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Guido Westerwelle pocht auf eine unzweideutige EU-Position.

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Brüssel. Die EU zieht nach der Eskalation der Gewalt in Ägypten Konsequenzen. Mit sofortiger Wirkung wird die Lieferung von Waffen, die "zur Repression eingesetzt werden können", gestoppt. Entsprechende Exportlizenzen sollten ausgesetzt werden, kündigte Bundesaußenminister Guido Westerwelle nach einer Sondersitzung mit seinen 27 Amtskollegen in Brüssel an. Europa dürfe nicht zusehen, wenn vor Ort europäische Waffen genutzt würden, um gegen die Menschenrechte zu verstoßen. "Es kann nicht sein, dass wir Waffen liefern, wenn in Ägypten Menschenrechte verletzt werden", erklärte auch der österreichische Außenminister Michael Spindelegger.

Zahlreiche Staaten wie Deutschland, die Niederlande, Frankreich und Großbritannien hatten bereits ihre militärische Zusammenarbeit mit der Unruhe-Region gestoppt. Noch 2011 erteilte die EU Waffen-Ausfuhr-Lizenzen für Ägypten in Höhe von 303 Millionen Euro. "Wir wollen natürlich, gerade was die Gewalt angeht, eine unzweideutige Position einnehmen", sagte Westerwelle. Auf der anderen Seite sei es aber wichtig, "dass wir bestehende Gesprächskanäle, also unsere Einwirkungsmöglichkeiten, nicht endgültig verschließen." Die Union werde sich "nicht auf eine Seite schlagen", sondern mit "allen zusammenarbeiten, die für die Wiederherstellung der staatlichen Ordnung und die Sicherung der Demokratie" eintreten. Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, die Ende Juli in Kairo mit Vertretern aller wichtigen politischen Gruppierungen zusammengetroffen war, verteidigte diese Linie: "Wir haben darüber mit den Stellen in Ägypten gesprochen und deutlich gemacht, dass ein Fahrplan auf dem Tisch nicht reicht, er muss auch umgesetzt werden."

"Alle Projekte auf den Prüfstand"

Gleichzeitig bereitet die EU offenbar Wirtschaftssanktionen vor. "Alle Projekte kommen jetzt auf den Prüfstand", so Westerwelle. Ausgenommen sollen lediglich humanitäre Vorhaben sein sowie Maßnahmen, die die Bevölkerung direkt betreffen. "Wir dürfen nichts tun, was die Lage der Menschen im Land noch verschlimmert", unterstrich der britische Außenminister William Hague. Sein schwedischer Amtskollege Carl Bildt warnte, man müsse mit dem "Schwert von Sanktionen behutsam umgehen", damit man nicht "zusätzliche Hindernisse schaffe.

Unmittelbar nach dem arabischen Frühling hatten der damalige Präsident Mohammed Mursi und die EU-Spitze eine Arbeitsgruppe für gemeinsame Projekte eingesetzt, für die die EU rund fünf Milliarden Euro bereitstellte. In Brüssel hieß es gestern mehrfach, die EU wisse um ihren "begrenzten Einfluss in der Region". Andererseits sei der Führung in Kairo aber auch bewusst, dass Europa als Handelspartner von großer Bedeutung sei. "Das sollten die neuen Machthaber nicht riskieren."

Zwischen 2010 und 2012 importierten die EU-Staaten immerhin ägyptische Produkte für gut 25 Milliarden Euro. Im gleichen Zeitraum kaufte Kairo für 44 Milliarden Euro in der EU ein. Ägypten habe es nun in der Hand, Sanktionen endgültig abzuwenden oder nicht, hieß es. Der Stopp der Waffenlieferung solle zeigen, dass die EU "blutige Gewaltexzesse" nicht hinnehmen und auch nicht dazu schweigen werde.

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