Soziales - Firmen klagen über die Zustände in der Industriestraße rund um die Erstaufnahmestelle des Landes für Flüchtlinge

Ärger über Asyl-Unterkunft

Von 
Anke Philipp
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Vor der Landeserstaufnahmestelle für Flüchtlinge in der Industriestraße versperren andauernd Reisebusse den Weg - ein Ärgernis für Firmen im Umfeld.

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Rund um den Außenposten der Landeserstaufnahmestelle für Asylbewerber in der Industriestraße gibt es mächtig Ärger. Anwohner fühlen sich durch den Betrieb beeinträchtigt. Sie haben sich an die Stadt gewandt mit der Bitte, die Lage zu entschärfen. Zumindest für die Reisebusse, die die Menschen hin und her transportieren und immer wieder die Straße blockieren, haben Ordnungskräfte und Polizei nun eine Lösung gefunden.

Ab sofort müssen die Asylbewerber in der Pyramidenstraße aussteigen. Nur dort ist das Be- und Entladen im eingeschränkten Halteverbot erlaubt, erklärt ein Sprecher der Stadt nach einer Ortsbesichtigung von Sicherheitskräften. Direkt vor der Unterkunft dürften die Busse nicht mehr halten, kündigt er Kontrollen in diesem Bereich an.

Knapp 700 Personen sind derzeit in der Industriestraße untergebracht, überwiegend Afrikaner. Bis zu 14 Tage dauert es, bis ihre Papiere fertig sind, bis dahin bleiben sie in der Neckarstadt, reisen von dort nach Karlsruhe, um Administratives zu erledigen. 75 bis 100 Personen sind es jeden Tag. Die Busse parken in der vielbefahrenen Straße, dazu kommt jeweils ein Aufgebot an Sicherheitskräften. Es herrscht ein Kommen und Gehen.

"Manchmal halten täglich zwei bis drei Reisebusse hier", klagt Anrainer Lars Kahl von den gleichnamigen Büroeinrichtungen direkt gegenüber über die Zustände vor Ort. Er hat sich schon vor Wochen an die Stadt gewandt und nun Auskunft aus dem Rathaus erhalten. Die Nachbarn beobachten aber auch, dass immer mehr Personen vor der Unterkunft herumstehen, sich auf Nachbargrundstücken aufhalten (Huber-Mühle) und dort Alkohol trinken. "Die gesamte Situation verschlechtert sich zunehmend", sorgt sich Lars Kahl um seinen Ruf: "Der unseres Unternehmens leidet auf jeden Fall bereits darunter, so gut wie jeder Besucher fragt, egal ob Kunde, Lieferant oder Fahrer, was denn hier los ist", so Kahl.

"Nerven liegen blank"

Immerhin ist seit dem 1. August nach Bitten und Betteln der Sozialverbände die "Sozial- und Verfahrensberatung" für die Asylbewerber vertraglich geregelt - wenn auch nur bis zum 31. Dezember. Bis dahin kümmern sich zwei Mitarbeiterinnen von Caritas und Diakonie um die Menschen in der Erstaufnahmestelle, organisieren zudem die Rechtsberatung und, wenn nötig, Kulturdolmetscher. "Es gibt extrem viel zu tun", sagt Sigrid Kemptner, zuständige Abteilungsleiterin vom Caritasverband. Schon jetzt sei daher klar: "Auf Dauer können wir es mit der Personalausstattung nicht leisten, den enormen Anforderungen gerecht zu werden".

Das sieht auch SPD-Stadtrat Thorsten Riehle aus der Neckarstadt so, der sich um die Beschwerden kümmert: Zum einen seien die Mitarbeiterinnen vor Ort aufgrund der vielen Flüchtlinge überfordert, präventiv eingreifen zu können. Dabei, so sagt er, wäre dies im Hinblick auf die Nachbarn und den Stadtteil dringend notwendig. Riehle: "Da liegen die Nerven blank".

Zum anderen werde Mannheim, wie bei der Zuwanderung aus Osteuropa, mit diesem Problem erneut alleine gelassen. Kleinkriminalität und Drogendelikte würden wieder ansteigen, hat der Stadtrat aus Polizeikreisen erfahren. Die Folge: "Die Angsträume, die wir durch verstärkte Polizeipräsenz sicherer machen wollten, fallen unten durch".

Der SPD-Stadtrat bittet daher das Land Baden-Württemberg darum, dass mehr Finanzmittel bereitgestellt werden, um entsprechendes Personal in der Asylunterkunft einsetzen zu können.

Landeserstaufnahmestelle, Außenposten Industriestraße

In der Landeserstaufnahmestelle (LEA), Außenposten Mannheim, in der Industriestraße werden Asylbewerber nach Ihrer Ankunft vorübergehend für ein paar Wochen untergebracht, bevor sie einer anderen Kommune zugewiesen werden.

Bis Ende 2015 ist Mannheim daher von der Aufnahme von Flüchtlingen nach dem Asylbewerber-Leistungsgesetz zunächst freigestellt. Ein entsprechender Mietvertrag mit dem Land läuft bis Ende 2015.

In der LEA sind zurzeit 700 Menschen untergebracht, unter anderem 165 aus Gambia, 131 aus Eritrea, 118 aus Syrien, 56 aus Nigeria, 36 aus Somalia, 33 aus Pakistan, 24 aus Georgien, 22 aus Algerien, 13 aus Kamerun, 12 aus Afghanistan und 11 aus der Türkei.

Die Kommune hat ihre Flüchtlinge teils dezentral in den Stadtteilen (250, Familien) und auf dem Benjamin-Franklin-Gelände (205) untergebracht. aph

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