Bensheim. Die Stadt trauert um Karl Kunkel. Der Geistliche Rat starb am 30. Januar im gesegneten Alter von 98 Jahren. Vor drei Jahren sagte Weihbischof Dr. Werner Guballa anlässlich Kunkels 70. Priesterjubiläums: "Er ist ein Geschenk Gottes an die Menschen." Die Stadtpfarrkirche St. Georg war bei diesem Gottesdienst voll besetzt.
Bischof Guballa sprach auch von einer "priesterlichen Orientierungsgestalt". Karl Kunkel, geboren am 8. Nov. 1913 im ostpreußischen Seeburg, wurde am 6. März 1938 im Dom zu Frauenburg zum Priester geweiht.
Als junger Kaplan wurde der im Juli 1944 von der Gestapo verhaftet, weil ihm Kontakte zu Regimegegnern im Ausland unterstellt wurden. Im Konzentrationslager Ravensbrück wurde der von den Nazis verhört und misshandelt. Mitte 1945 wurde er ins Konzentrationslager Dachau verlegt. Unter dramatischen Umständen kam er frei.
Insasse im Konzentrationslager
In Ravensbrück hatte Karl Kunkel begonnen, sein KZ-Tagebuch zu schreiben. Später übertrug er seine Notizen und vervollständigte seine Erinnerungen. Sein Tagebuch diente bei den Nachkriegsprozessen gegen Naziverbrecher als Unterlage für die Beweisführung.
Als die Amerikaner auf München vorrückten, war er mit 138 Sonderhäftlingen nach Südtirol verlegt worden. Sie waren Geiseln der Nazis und sollten je nach Verhandlungsergebnis freigelassen oder erschossen werden. In Südtirol flohen die Bewacher vor der vorrückenden Front der Alliierten und ließen die hochrangigen Häftlinge zurück.
Karl Kunkel erhielt danach eine Audienz bei Papst Pius XII in Rom. Der Pontifex schenkte dem jungen Kaplan einen Rosenkranz. "Ich habe ihn irgendwann leider verloren", gestand Karl Kunkel gewohnt offen später einer Redakteurin.
Nach einer Zeit als Seelsorger in Bayern kam Karl Kunkel 1950 nach Bensheim und wurde Rektor am Bischöflichen Konvikt. Danach war er 23 Jahre Pfarrer in Mainz-Kostheim, bevor er wieder nach Bensheim zurückkehrte. 1979 wurde er zum Geistlichen Rat ernannt.
In Bensheim hat er mehr als 36 Jahre in der Pfarrei St. Georg gewirkt. Dekan Thomas Groß hielt die bis kurz vor seinem Tod vorhandene geistige und körperliche Frische für "eine Gnade".
Karl Kunkel war ein Geistlicher, der mitten im Leben stand. Um über die Grausamkeit des Nazi-Regimes zu berichten, zog es ihn immer wieder in die Schulen. Bergsträßer Geschichtslehrer bauten sein Schicksal immer wieder in den Unterricht ein und luden ihn als Zeitzeugen.
Seelsorger bis ganz zum Schluss
Karl Kunkel war ein aufgeschlossener Mensch. Er selbst hatte sich zu seinem 95. Geburtstag als "Steinzeitmensch" eingestuft. Früher schrieb er seine Predigten in Steno und tippte sie dann in die Schreibmaschine. Erst sehr spät sammelte er Erfahrungen am Computer.
Auch im hohen Alter las der Geistliche Rat Messen und nahm die Beichte ab.
Am Freitag, 3. Februar, 11 Uhr, besteht in der Stadtpfarrkirche St. Georg Gelegenheit, dem Gottesmann in einem Requiem die letzte Ehre zu erweisen. Nach dem Gottesdienst findet die Beisetzung im Priestergrab auf dem Friedhof Bensheim-Mitte statt. Karl-Josef Bänker
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